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Mahagoni
Offspace Wien, 14.9. - 25.10.2002

Es ist wohl die kleinste größte Ausstellung, die Wien zu dem Zeitpunkt sehen konnte: Auf 28 Quadratmetern sind Arbeiten von zwölf Künstlerinnen und Künstlern zu sehen. Sie alle sind Mitglieder der Künstlergruppe ,Stadt im Regal', die seit 1996 besteht und in Berlin beheimatet ist. Ihre Projekte realisiert die Gruppe in Berlin und darüber hinaus in Los Angeles, Mexiko City oder Baden-Baden. Die Gruppe arbeitet ohne Kurator in eigenverantwortlicher Organisation, was sie schon für sich auszeichnet. Wenn darüber hinaus dann auch noch die Ausstellungen überzeugen können, dann ist man verwundert. Die Präsentation in Wien steht unter dem Titel ,Mahagoni' und bezieht sich auf Oberfläche. Zitat aus der Mitteilung der Galerie: „Mahagoni steht hier weder für ein Holz, noch für eine Farbe. Mahagoni ist die Idee des gezielten Einsatzes von Oberflächen in der Zimmerausstattung. Mahagoni ist ein Prinzip, das über Oberflächen Lebensentwürfe, Identitäten, Gesellschaftszughörigkeiten oder schlicht Sehnsüchte transportiert.“ Mit denen und Oberflächen hat es der Besucher denn auch auf vielfältige Weise zu tun. Das fängt schon vor dem eigentlichen Galerienraum an, dessen Außenwände von Katharina Schmidt mit einem ,Sessel'-Motiv als Siebdruck auf Papier beklebt wurden. Eine ähnliche Technik verwendet dann auch Ursula Döbereiner, die den eigentlichen Ausstellungsraum mit Computerausdrucken tapezierte. Dafür hat sie ihren eigenen Arbeitsraum digital abgezeichnet und somit eine Oberfläche erstellt, die auch noch mal auf der Oberfläche, dem Monitor eines Computers in der Galerie zu sehen ist. Heike Klussmann stellt Paletten aus und auf, die wiederum korrespondieren mit dem Tape von Valeska Peschke oder dem ,Bettzeug' von Daniela von Waberer. Diese Korrespondenzen sind manchmal dicht, aber auch offen wie im Falle von Michaela Schweigers Mix Media Objekt ,City of Tomorrow - revisited'. Es handelt sich dabei um eine besondere Art von Zeichenschrank, der die Form eines Gebäudes annimmt, das Schubladen aufweist, in denen sich Zeichnungen finden lassen. Zurück in die Vergangenheit geht Friederike Feldmann mit ihrem Gemälde ,Marie-Antoinette', Silikon auf Leinwand, die eine Kammer der Königin abbildet: Lebensentwurf oder Sehnsucht? Tina Born baut eine Art Gehäuse, in dem ein Video-Loop zu sehen ist, in der die Künstlerin in einer Art Gehäuse zu sehen ist. Birgit Schlieps setzt einen Fremdkörper in das Ambiente, eine Struktur aus Teleskopstangen und Kupferfolie, die einerseits an eine utopische Architektur erinnert und andererseits zum skulpturalen Eingriff wird. Markus Strieder bietet auf CD eine ,Autogene Bräunung' an, die sich ja auch auf eine Oberfläche bezieht. Haben wir etwas übersehen? Ja, die Aquarelle von Kerstin Drechsel, Abbildungen von Interieurs. Und die Zeichen und Objekte von Antje Dorn, Lack auf Aluminium: Das öffentliche dringt in das Private ein. Die Dichte der Präsentation überzeugt und verstört gleichzeitig. Und am Ende haben wir hinter die Oberfläche geschaut oder war es nur eine weitere Oberfläche? Konsterniert, verwundert und erfreut verlassen wir den Ausstellungsraum und wünschen uns doch mehr davon.

Thomas Wulffen
Kunstforum international, Bd. 162, Seite 364