STADT IM REGAL - WK8P2ABBAU

Ausstellung vom 15. August - 27. September 2003 im Rahmen von >superumbau<, Merzdorfer Straße 14 - 18, Hoyerswerda-Neustadt


Projektleitung >superumbau<: Dorit Baumeister, Spirit of Zuse e.V.
Kurator*in: Ute Tischler, Harald Müller

Mit den gegenwärtigen wirtschaftlichen und sozialen Umstrukturierungsprozessen in Ostdeutschland werden ganze Stadtteile und Städte überflüssig. Ein komplettes Lebensumfeld, realisiert in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren wird in Frage gestellt und stückweise rückgebaut. Nachdem in Hoyerswerda nun schon einige Plattenbauten des Typs P2 im Wohnkomplex 8 verschwunden sind, leitet STADT IM REGAL innerhalb des Projektes SUPERUMBAU in enger Zusammenarbeit mit der beauftragten Abrissfirma den Abbau von zwei zusammenhängenden Gebäuden des Typs P2 ein, begleitet und kommentiert ihn.

Der Abbau des WK8P2 Merzdorfer Straße 14 -18 steht als Leerstelle im Zentrum des Projektes.
Das künstlerische Konzept orientiert sich eng am Ablauf des Abbaus. Statt primär selbst einzuordnen, schafft STADT IM REGAL Freiraum für die Entwicklung neuer Ideen, Fragen und Positionen. Das abzubauende Gebäude als Anlass und Zentrum der Veranstaltung SUPERUMBAU bleibt Leerstelle und wird als Teil eines größeren Zusammenhangs zum erweiterten Projektions- und Denkraum.

Die Arbeit von STADT IM REGAL ist die temporär konzentrierte Beleuchtung des aktuellen Stadtumbaus in Hoyerswerda. Parallel zu dieser konzeptionellen Beleuchtung wird ein tatsächliches Flutlicht auf einem schon leergeräumten Feld nordöstlich des Riegels installiert.
Vor dem Gebäude wird ein Bauschild aufgestellt, das den Abbau als ein Bauvorhaben kennzeichnet: “Hier entsteht eine Wiese.”
In einer täglich erscheinenden Anzeige in der LAUSITZER RUNDSCHAU wird mit einem aktuellen Foto der jeweilige Zustand öffentlich gemacht. Diese täglichen Zustandfotos des Gebäudes, jeweils vom gleichen Standort aus aufgenommen, dokumentieren in den ersten drei Wochen keine sichtbare Veränderung, dann das allmähliche Verschwinden des Baus, bis zum Entstehen einer Grünfläche.

In einem gegenüberliegenden Gebäude wird ein Baubüro installiert, das den Material- und Ideenfundus von STADT IM REGAL beinhaltet. Pläne und Konstruktionsmaterial, Notizen, Interviews mit der Abrissfirma, Fotos usw. werden gesammelt und als begehbarer Zettelkasten im Sinne einer Installation ausgestellt. Der Vorgang der Abrissarbeiten vor Ort wird dokumentiert und ausgestellt, auch um zu gewährleisten, dass vorhergehende Stadien des Abrisses sichtbar bleiben. Alle Texte und Bilder werden wie Bauzeichnungen und Pläne installiert.
Thematisch sind die künstlerischen Arbeiten im Baubüro mit der jeweiligen Abbauphase in Verbindung gesetzt. Während der reale Abbau innen beginnt, bearbeitet STADT IM REGAL das Thema Wohnen in Bezug auf Aneignung standardisierter Räume und entwickelt dann sukzessive, von innen heraus das Thema der Verschränkung von Privatem und Öffentlichem, bis die Arbeiten zur Fassade kommen und der Abbau des Plattenbaus als Ende einer gesellschaftlichen Vorstellung beleuchtet wird.
Es entsteht ein Ideenpool als Raum für 12 künstlerische Positionen, Assoziationen und Arbeiten, die im Verlauf der Ausstellung erarbeitet werden: Bilder, Texte, Videos und Tonaufnahmen. Gäste aus Hoyerswerda steuern weiteres Material bei. Das Baubüro funktioniert durch seine Offenheit und assoziative Struktur und bildet in seiner Fülle und wachsenden Form den Gegenpol zum streng definierten Abbau des Gebäudes. Während im Büro das Material anwächst, verschwindet draußen langsam das Gebäude. Aus dem Fenster des Baubüros kann man den realen Abbau beobachten. Es entsteht eine Wiese.

Auf Grundlage von Gesprächen mit der Abrissfirma entwirft STADT IM REGAL einen Text, der den Vorgang des Abbaus auflistet und ihn der Anhäufung des Baubüros gegenüberstellt. Die Arbeiten am Anfang des Abbaus, von außen nicht wahrnehmbar, werden damit genauso ins Bewusstsein gerückt, wie der sichtbare Abriss des Gebäudes. Die Erwähnung jeder Kleinigkeit, Vorgänge und Gegenstände betreffend, beinhaltet eine grundsätzliche Wertschätzung, macht aber gleichzeitig durch die Aufzählung und vorübergehende Ordnungsstruktur auch den Umbruch, die Veränderung deutlich: BAUABLAUF >>

In Zusammenarbeit mit der Abrissfirma wird das Material des abgebauten WK8P2 nach dem Abbau weiterverfolgt und die Spuren gesichert. Wenn das Betonmehl z.B. im Straßenbau Weiterverwendung findet, wird der aus dem Material des W8P2 gebaute Straßenabschnitt dem WK8P2 gewidmet.


STADT IM REGAL dankt im Besonderen:

Dorit Baumeister
Tom Baumeister
Lausitzer Rundschau
Kurt Klinkert
Siegbert Koitzsch
Klaus Richter
SAG Montagegesellschaft
Wohnungsgesellschaft mbH Hoyerswerda

Sponsoring: SAG Montagegesellschaft
Bauherr: Wohnungsgesellschaft mbH Hoyerswerda
Projektleitung: Dorit Baumeister Projektträger: Spirit of Zuse e.V.
Kuratoren: Ute Tischler und Harald Müller
Büro Superumbau: Anja Nioduschewski
Schirmherrschaft: Programm Stadtumbau Ost
Bauplanung und Überwachung: Planungsbüro für Hochbauten Dipl. Ing. Thomas Gröbe
Bauausführendes Gewerk: Allround- Dienstleistungen
Sige Koordinator: IB Carsten Teuber

Das Projekt >superumbau< wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung der Kulturstiftung des Bundes, Halle an der Saale, der Kulturfabrik Hoyerswerda, der Wohnungsgesellschaft mbH Hoyerswerda, der Stiftung Lebendige Stadt, Hamburg und der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, Dresden.

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